Pultnetzteil doppeln / parallelschalten

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toff
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Pultnetzteil doppeln / parallelschalten

Beitrag von toff »

So, wie schon kurz im schwarzen Brett andiskutiert, hier der Fred bezüglich einer Aufstockung eines vorhandenen Pult-Netzteils. Eigentlich habe ich gar nicht so viele Fragen dazu, wie es gehen könnte, sondern denke eher, dass es vielleicht für alle spannend sein könnte.

Es geht um ein AMEK Mozart. Das Pult hat insgesamt 30 "normale" Monokanäle, 4 "NEVE" Monokanäle und 6 Stereokanäle (dazu natürlich noch der ganze AUX-Return- und Gruppen- sowie Master-Kram) - ist also schon ein dicker Brummer.

Für ein Mozart in der Standardkonfiguration mit 40 "normalen" Monokanälen reicht dann normalerweise ein MPS15-Netzteil. Dieses MPS15 ist ein gewaltig schweres, völlig unhandliches mehrere HE hohes Stahlmonster, welches intern aus vier verschiedenen Netzteilblöcken der Firma International Power besteht: pos. rail 17,5 Volt, neg. rail 17,5 Volt, digital rail 5V, phantom 48V. Zusätzlich gibt es noch einen Stahlklumpen für den ganzen Automationskram im separaten 19Zoll-Gehäuse, das interessiert hier aber nicht.
Hier interessant sind die Blöcke für die 17,5Volt rails; die heißen IF1515. Wie man sich schon denken kann, liefert das Ding im Auslieferungszustand bei 15 Volt 15Ampere; für das Mozart wird ein bisschen gemoddet, so dass 17,5 Volt rauskommen, dann kann der Block noch circa 13,5 Ampere. Schaltplan:

Bild

Man beachte das (wie ich finde interessante) "Sensing": Das Netzteil steht ja im Normalfall weit weg im Maschinenraum; neben den dicken Kabeln vom "OUT" geht vom/zum "S+" noch ein dünnes Kabel vom Netzteil bis zum Pult; da wird wohl gecheckt und zurückgemeldet, wieviel nach dem langen Kabelweg wirklich noch am Pult ankommt, oder ob was Falsches oder gar nix ankommt. @Frank: die Leistungstransistoren sind auch 2N3055 wie bei deinem Harrison; allerdings machen hier 6 von den Dingern bei 17,5 Volt 13,5 Ampere, also nich 15Ampere pro Transistor, wie du meintest, sondern eher 13A mit 6Stück :lol:

Jetzt hat das Pult mit der Zeit anstelle der normalen Monos zusätzliche "NEVEs" und Stereokanäle bekommen. Den zusätzlichen Stromverbrauch hat niemand ernstgenommen, es gab wohl diverse "Passt schon" - Aussagen von Vertrieb über Hersteller bis Service-Firmen... bis jetzt letztens auf einmal das Pult zu brummen anfing.
Ich hab sofort den Block für die positiven 17,5V im Verdacht gehabt; mir war eingefallen, dass ich den schonmal irgendwann wegen alternder Trimmpotis repariert hatte. Ohne Belastung ließ sich kein Fehler entdecken; und das Brummen verschwand, als wir einfach mal 8 Kanäle aus dem Pult gezogen hatten. Da wir noch einen neuen IF 1515 als Spare rumliegen hatten, haben wir den mal kurz eingebaut, und siehe da: Brummen weg. Dann den alten 1515 mal nachgemessen: Bei voller Belastung, also in den letzten geforderten 10 Prozent Strom, bricht der Trafo sekundär ein, und der sich anschließende Sieb- und Reglelteil hat nicht mehr genug Spannung zum Arbeiten. Ich tippe auf Windungsschlüsse im Trafo.... oder kann son Trafo nach jahrelangem "Missbrauch" noch in anderer Hinsicht altern? Sind die Kernbleche irgendwann hin?

Dann haben wir (endlich) mal nachgemessen, was das Pult denn in der momentanen Konfigurartion eigentlich so zieht, und siehe da: 13,5 Ampere auf der positiven Seite :shock: :?

Schon irre, das Pult lief also 15 Jahre lang auf dem positiven Rail an oder auch leicht über der Grenze des Netzteilblocks...

Interessanterweise zieht die negative Seite nur 8 oder 9 Ampere. Ich hab das dann mal zurückverfolgt: für die circa 4A mehr auf der positiven Seite sind die Meterbridges verantwortlich. Wenn man die abklemmt, liegt auch die positive Seite im grünen Bereich, was den Stromverbrauch angeht.

Erste Idee war, einfach ein Standardnetzteil mit 17,5V/6A zu kaufen, und das an die Spannungszuführungen der Bridge oder aber direkt an die LED-Treiber-ICs der Meterbridges zu klemmen. Lässt sich aber leider nicht so gut umsetzen, weil die Spannungsversorgung zu den Bridges auf Steckerleisten zusammen mit allen anderen Spannungen ausgeführt sind, und da pro Meterbridge-Einheit die Flachbandkabel aufzutrennen oder auf den Platinen vor den ICsLeiterbahnen trennen, erschien uns dann zu unelegant und unprofessionell... was würde ein eventueller zukünftiger Käufer sagen.

Nächste Idee: Wenn man 8 Kanäle des Pultes mit einer separaten eigenen Spannung versorgen würde, dann wäre die Haupt-PSU auch genügend entlastet. Jeder 8ter Block des Pultes wird über eigene Kabel (die von einem zentralen Punkt abgehen) mit Spannung versorgt. Man könnte also einfach ein Netzteil mit +/-17,5Volt kaufen und direkt an einen 8ter-Block klemmen. Nachteil: Ist gar nicht so einfach, ein geeignetes und gutes derartiges Netzteil zu finden, welches die für ein Pultnetzteil nötigen Schutzschaltungen hat (oder hat noch jemand was rumfliegen?)

Jetzt liegt hier noch einen unbenutzter, neuen IF1515 (Spare) rum, und den zu benutzen würde natürlich auch immens Kosten sparen.

Die momentane Idee ist, nur die positive Rail-Seite mit diesem Block strom-mässig zu verstärken, also parallel zu dem schon vorhandenen positiven Block zu schalten. Allerdings geht das ja nich einfach so; Ausgänge zu y-lonen ist ja böse - was wäre, wenn ein Netzteil defekt ist...

Glücklicherweise gibt es an der Rückwand des Pultes schon eine sogenannte Distributionskarte, an welcher man mehrere Netzteile anschließen kann. Wie oben erwähnt, je nach Größe und Kanalbestückung des Pultes werden eins oder aber mehrere Netzteile angeschlossen. Diese Karte enthält fette Leistungsdioden (im Originalzustand ohne Kühlkörper und deshalb an allen Mozarts, die ich gesehen habe, recht verkohlt...), mittlerweile an diesem Mozart hier schön kühl an Kühlkörpern.

Die Distribution sieht so aus:
Bild

So, jetzt ihr: Spricht irgendetwas gegen meinen Plan? Wie würdet ihr das lösen?

LG, Toff

jensenmann
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Beitrag von jensenmann »

Erstmal vielen Dank für den Fred, das ist sehr interessant.
Über Einspeisedioden zwei Netzteile parallel hängen funktioniert nicht sehr gut und ist nur eine Notlösung. Das haben auch andere schon gesagt, zum Beispiel verschiedene Mischpulterfinder (auch der Erfinder des Mozart).
Lustig finde ich, dass ein Mischpulttrümmer wie das Mozart für die Meter keine eigene Stromversorgung hat. Mein M2500 hat das und das gab es über ein Jahrzehnt früher vom gleichen Hersteller. Ich schätze mal die MPS15 Netzteile wurden aus ökonomischen Gründen mit den fertig zugekauften Modulen bestückt und man hat in großem Gottvertrauen darauf gehofft, dass die Regler gut genug sind gleichzeitig Audio- und Nichtaudioschaltungen gemeinsam von einer Spannung rückwirkungsfrei zu betreiben. Dass das nicht so toll funktioniert sieht (hört) man an den TAC Pulten aus dem gleichen Hause, obwohl da die Meter von U+ laufend nochmal eigene Regler haben.
Mein Vorschlag wäre die unelegante Lösung: die Meterbridge vom Audioteil spannungsmäßig zu trennen und separat zu versorgen. Dadurch werden Rückwirkungen aus den LED Treibern komplett aus der Audioversorgung rausgehalten. Das kann nur gut sein.
Andererseits kann man manchmal gebrauchte Soundcraft oder TAC Netzteile für sehr wenig Geld finden. Die sind für so ca 5A bei 17V gut und können das, was Mischpultnetzteile können müssen. Zwar ohne Sense Leitungen, aber zumindest die TAC Netzteile reagieren sehr gut auf Kurzschlüsse - hab ich schon sehr oft ausprobiert. Das ist sicherlich die günstigere Lösung.
Meine letzten zwei Mischpultreparaturarbeiten haben ganz klar gezeigt, dass die Netzteile unglaublich viel zur Nebengeräuschunterdrückung im Pult beitragen. Mehr als deutlich hörbar viel. Deshalb bevorzuge ich die o.g. Variante die Meter abzutrennen.

Bei überhitzten Trafos gibt es in der Tat Windungsschlüsse durch verkokelten Isolationslack. Bei der Leistung und tagelangem Betrieb ist das für dein Modul durchaus denkbar. Kernbleche sterben dabei nicht.
Jens

toff
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Beitrag von toff »

jensenmann hat geschrieben:Erstmal vielen Dank für den Fred, das ist sehr interessant.
Über Einspeisedioden zwei Netzteile parallel hängen funktioniert nicht sehr gut und ist nur eine Notlösung. Das haben auch andere schon gesagt, zum Beispiel verschiedene Mischpulterfinder (auch der Erfinder des Mozart).
Jens, wäre doch bestimmt für alle interessant, warum das aus technischer Sicht so ist - hol doch bitte etwas aus. Und was ist das für ne Geschichte mit dem Erfinder des Mozarts? :lol:
jensenmann hat geschrieben: Lustig finde ich, dass ein Mischpulttrümmer wie das Mozart für die Meter keine eigene Stromversorgung hat. Mein M2500 hat das und das gab es über ein Jahrzehnt früher vom gleichen Hersteller. Ich schätze mal die MPS15 Netzteile wurden aus ökonomischen Gründen mit den fertig zugekauften Modulen bestückt und man hat in großem Gottvertrauen darauf gehofft, dass die Regler gut genug sind gleichzeitig Audio- und Nichtaudioschaltungen gemeinsam von einer Spannung rückwirkungsfrei zu betreiben. Dass das nicht so toll funktioniert sieht (hört) man an den TAC Pulten aus dem gleichen Hause, obwohl da die Meter von U+ laufend nochmal eigene Regler haben.
Ich glaube, die Meter laufen sozusagen in "ClassA"; das Netzteil scheint immer den potenziellen gesamten maximalen Strom für die VU-Meter zu liefern, und die VU-Meter-Treiber schicken den je nach Bedarf auf die LEDs oder eben nich. Ich muss mir mal demnächst den Plan raussuchen und das noch mal genauer angucken; wir haben jedenfalls keine klanglichen Rückwirkungen auf den Audio-Teil feststellen können. Vielleicht ist das in den TAC-Pulten ja ganz anders gelöst. Auch die sonstigen LEDs des Pultes hängen an der Audiospannungsversorgung, allerdings (über Konstantstromquellen) hier zwischen plus und minus...

toff
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Beitrag von toff »

Neueste Idee: Ich kaufe bei EBAY das hier

390131316358

(Labornetzgerät 2 x 0-30Volt; 2x 0-5A; 160,- Euro inclusive Steuer!);

klemme das innerhalb von 5 Minuten an die glücklicherweise pro 8ter Mainboard-Kanalblock vorhandenen Klemmen (von denen geht´s normalerweise zu einer Verteilung auf oben angesprochenem Distributionsboard), versorge damit die letzten 8 Kanäle des Pultes und bin fertig. Die circa 3,5 Ampere, die so ein 8ter-Block zieht, muss das Hauptnetzteil dann nicht mehr liefern, und liegt zukünftig im grünen Bereich. Ausserdem kann man dann ganz easy die letzten 8 Kanäle des Pultes nur dann anschalten, wenn sie denn gebraucht werden, das wäre auch in Hinsicht des Energieverbrauches sehr vorteilhaft.

Und ich erspare mir, den vorhandenen IF1515 aufwändig in ein Gehäuse zu bauen; und der behält seinen Sinn als Spare.

Irgendwelche Einwände?

jensenmann
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Beitrag von jensenmann »

Eigentlich spricht nichts dagegen. Ggf mehr Siebung dazupacken und gut ist.

Die Einspeisedioden haben i.d.R. nicht die gleiche Uf und beide Netzteile liefern i.d.R. nicht die haargenau gleiche Spannung. Das bedeutet, dass im Grunde genommen nicht immer beide Netzteile den jeweils halben Gesamtstrom liefern, sondern sich den Strom irgendwie aufteilen. Hat z.B. Netzteil A gerade eine deutlich niedrigere Spannung als B, dann wird dessen Einspeisediode nahezu unleitend und Netzteil A liefert kaum mehr Strom. Dadurch läuft B auf Maximallast, was doof ist.
Jens

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