Was passiert genau, wenn ein OP ins oszillieren gerät?

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jensenmann
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Was passiert genau, wenn ein OP ins oszillieren gerät?

Beitrag von jensenmann »

Kann mir da jemand weiterhelfen?
Was ich mir noch erklären kann ist daß durch Phasenverschiebung aus NFB ein positives FB wird. Aber was passiert dann genau? Wovon hängt die Frequenz der Oszillation ab und welche Mechanismen bedämpfen sie?
Wieso soll es gegen Schwingungsneigun helfen, wenn die Betriebspannung mit Kondensatoren nahe des OPs gegen Masse abgekoppelt wird? Ich sehe hier den Zusammenhang nicht.
Jens

AndreasS
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Beitrag von AndreasS »

Hallo Jens,

neben der Phasenverschiebung (und damit Mitkopplung) gibt es noch eine zweite Bedingung für die Schwingungserzeugung: die Verstärkung im Kreis muß größer eins sein.

Auch Transistoren (in OPAs) haben eine obere Grenzfrequenz und oberhalb dieser Frequenz wird das Netzteil zu einem Teil der Schaltung (die PSSR nimmt ab); mit dem Abblocken der Versorgungsspannung schließt Du einfach den HF-Kreis kurz.

Andreas

jensenmann
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Beitrag von jensenmann »

Danke für deine Antwort.

Könntest du das mit dem Abkoppeln genauer erklären?
Meinst du damit, daß der Weg vom Chip zum Netzteil als RLC-Schwingkreis zu sehen ist, der vom Chip angeregt wird - oder selbst HF einsammelt und in das IC injiziert? Dann wären die Abkoppel-Cs also ein Kurzschluß für HF aus diesem Schwinkreis, die verhindern, daß es eine Rückwirkung in den Chip gibt?
Das wäre dann aber ein anderer Mechanismus als V>1 + Mitkopplung (sehr schönes Wort, das ist mir wegen zu vielen Englischlesens abhanden gekommen), das ja ausschließlich auf den Chip mit seiner Beschaltung zurückzuführen ist.
Jens

AndreasS
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Beitrag von AndreasS »

Hallo Jens,

die Güte eines Schwingkreises (Parallelresonanz) kann durch Widerstände parallel dazu bedämpft werden - je geringer der Widerstand, desto weniger ausgeprägt die Güte.
Nun hat das Netzteil auch eine Ausgangsimpedanz (welche durch Gegenkopplung im Spannungsregler möglichst gering gehalten wird), welche ähnlich wie ein Verstärker aber eine obere Grenzfrequenz hat..., oberhalb dieser gibt es zu wenig oder keine Verstärkung und damit wenig oder keine Senkung des Ausgangswiderstandes. Hier sorgt der "Kurzschluß" der HF über den Abblock-C dafür, daß die Schaltung immer noch bedämpft wird - für Gleichstrom oder NF ist er aber nicht wirksam.

Gruß Andreas

olafmatt
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Beitrag von olafmatt »

AndreasS hat geschrieben:Nun hat das Netzteil auch eine Ausgangsimpedanz (welche durch Gegenkopplung im Spannungsregler möglichst gering gehalten wird), welche ähnlich wie ein Verstärker aber eine obere Grenzfrequenz hat...
Illustration dazu:

http://www.vacuumsound.de/diy/psu_curves.pdf

Zu sehen ist die (simulierte) Ripple-Rejection (wie heißt die auf Deutsch?) einmal eines LT1085 Dreibeiners und einmal eines diskret aufgebauten Reglers (gestrichelte Linien jeweils der Phasengang dazu). Wie man sehen kann nimmt die Störungsunterdrückung zu hohen Frequenzen hin ab (weil der Regler kein unendliches Bandbreitenprodukt / Open-Loop-Gain hat). Als 'Nebeneffekt' geht die Ausgnagsimpedanz hoch. Wie bei nem opamp, wo ja das Feedback für einen niedrigen Ausgnagswiderstand sorgt. Geht einem das Feedback aus, geht der Widerstand hoch.

Olaf

jensenmann
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Beitrag von jensenmann »

Sehr gut, das mit dem Netzteil habe ich geschluckt.
Aber wodurch wird das Schwingen des OPs jetzt wirklich ausgelöst? Zufall? (falls die Bedingungen durch die Umgebung des OPs erfüllt sind) OP-internes Rauschen (ist ja eigentlich auch ein Zufallsprodukt)?
Nehmen wir mal an der OP wäre am idealen Netzteil (Ri=0, Phi=0, frequenzunabhängig, U=const) angeschlossen, dann würde er ja ggf immer noch schwingen wollen. Warum? Wann?
Jens

olafmatt
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Beitrag von olafmatt »

jensenmann hat geschrieben:Aber wodurch wird das Schwingen des OPs jetzt wirklich ausgelöst? Zufall?
Ich glaube Du willst nicht wissen warum es theoretisch oszilliert, sondern warum gerade Deine verdammte Schaltung an ungeraden Werktagen im Schaltjahr außerhalb der Schulferien oszilliert, richtig? Oder andersrum, warum es mal gut läuft und dann plötzlich anfängt.
Da jede Leiterbahn und alles auf Deiner Platine auch eine Kapazität und Induktivität und ein Widerstand ist hast Du ganz viele nichtlineare Phasengänge. Wenn zwei zusammen (innerhalb einer Feedbackschleife) 180 Grad ergeben oszilliert es (weil es dann zusammen mit den 180 Grad von dem negativen feedback wieder 360 Grad sind und somit positives Feedback). Das tun sie aber nicht immer, sondern u.U. abhängig von der Einstellung eines Potis oder evtl. anbhängig vom Pegel. Die parasitären Kapazitäten an Transistoren sind leider pegelabhängig, also ändert sich auch der Phasengang mit dem Pegel. Der Innenwiederstand des Netzteils ist auch anhängig davon, wieviel Strom das ganze Gerät zieht.

Olaf

jensenmann
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Beitrag von jensenmann »

und ich dachte Elektrotechnik wäre eine exakte Wissenschaft....

Gibt es eine Möglichkeit die Schwingneigung einer Schaltung vorherzusehen?
Jens

AndreasS
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Beitrag von AndreasS »

Hallo Jens,

das zufällige Schwingen einer Schaltung trifft man an den Grenzbereichen der Stabilität - ähnlich wie bei einer fast abgelaufenen Taschenuhr, welche durch Erschütterungen von außen für noch für ein paar Schwingungen der Unruh anläuft. Solche Störungen sind meistens stärkere Signale, deren Oberwellen diese Schwingungen anregen.

Vorhersagen ließe sich das Schwingverhalten bestimmt, wenn man alle Parameter der Bauteile kennt. Dies ist nicht immer praktikabel (Toleranzen der Bauteile); man wählt für sicheres Arbeiten einer Schaltung eine Phasenreserve oberhalb 60°.

Gruß Andreas

jensenmann
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Beitrag von jensenmann »

So, nun kommt schon die nächste Frage:
Macht es Sinn bei einem Netzteil mit symmetrischer Betriebsspannung (zB +/-17V) die Bypasskondensatoren von der posit. zur negat. Spannung zu führen, d.h. an der Masse vorbei? Das habe ich irgendwo mal gesehen und mich dabei fast zu tode gewundert. Was habe ich übersehen?
Jens

kubi
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Beitrag von kubi »

Ja, macht Sinn, wenn auf der Platine keine Masse, an die man den Kondensator hängen könnte, in der direkten Nähe zum OP ist.
Darius

AndreasS
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Beitrag von AndreasS »

jensenmann hat geschrieben:So, nun kommt schon die nächste Frage:
Macht es Sinn bei einem Netzteil mit symmetrischer Betriebsspannung (zB +/-17V) die Bypasskondensatoren von der posit. zur negat. Spannung zu führen, d.h. an der Masse vorbei? Das habe ich irgendwo mal gesehen und mich dabei fast zu tode gewundert. Was habe ich übersehen?
Hallo Jens,

Sinn macht es eigentlich nur, wenn eine symmetrische Schaltungstechnik verwendet wird (z.B. OPAs), dann kommen die unbalancierten Signalanteile nicht auf die Schaltungsmasse.

Gruß Andreas

P.S. zur Ergänzung von Darius: bei Eintakt-Schaltungen und virtuelle Masse muß diese natürlich per Kondensator gegen die Betriebsspannung abgeblockt werden

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